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14.8.2005

Übersicht Tour Sommer 2005

16.8.2005

Montag, 15.8.2005 – 13. Etappe

Tageskilometer: 65 Tageshöhenmeter: 1.838 Tagessattelstunden: 5:45
Tourkilometer: 1.058 Tourhöhenmeter: 14.976 Toursattelstunden: 69:37
Route: Bormio – Torri di Fraele (1.941 m) – Umbrailpass (2.501 m) – Müstair – Sta. Maria
Wetter: Bewölkt mit einigen Sonnenstrahlen und einigen Schneeflocken
Der erste Blick aus der Dachluke: Sonne am Himmel und Puderzucker auf den Bergen. Sah nach schön und kalt aus. Auf jeden Fall stand der Tour über den Passo Torri di Fraele nichts mehr im Weg. Heute war also der tolle Feiertag in Italien, natürlich hatten die Läden in Bormio trotzdem auf, Verpflegung fassen kein Problem. Einrollen bis Premadio, es war schon ziemlich kühl, aber kurz vor Premadio zog ich das lange Trikot dennoch aus, denn nun ging es bergauf. Der Passo Torri di Fraele – ein Bild im Denzel zog mich magisch an – ist Teil eines regelrechten Netzes von alten Militärstraßen aus dem ersten Weltkrieg, als diese Region zwischen Italienern und Österreichern stark umkämpft war. Nicht asphaltiert, teilweise ziemlich wellig, ist er für Rennräder nicht geeignet. Da es aber nur selten 10 % steil ist, können Reiseradler relativ problemlos hier hinauf.
Valdidentro
Blick ins Valdidentro: unten Isolaccia,
dahinter die Straße zum Foscagno
Serpentinen
Da geht es hoch!
Serpentinen
Tele-Serpentinen
Erst eine lange, gerade Strecke am Hang, dann folgen jene dicht übereinander gepackten Serpentinen, siehe die Bilder oben. Recht bald merkte ich, dass die Gegend um den Lago die Cancano und den Lago die San Giacomo di Fraele ein beliebtes Ausflugsziel ist, insbesondere in den Sommerferien. Ich erhoffte mir eine einsame Passstraße und bekam Geländewagen, Fiat Pandas und vieles mehr, alles auf dem Weg nach oben. Glücklicherweise fuhr kaum jemand bergab, so dass immer genug Platz war, und rasant fahren konnte auf dieser Straße sowieso niemand. Wegen der tollen Blicke ins Valdidentro und nach Bormio fuhr ich immer auf der Talseite der Straße, was für die automobilen Massen auch kein Problem darstellte.
Bormio
Blick zurück nach Bormio
und auf Bormios Skipisten
Isolaccia
Pedenosso und darunter
Isolaccia
Pedenosso
Nochmal die Kirche von Pedenosso über
dem Talboden des Valdidentro
Die namensgebenden Türme kommen immer näher, bald erreichte ich die Passhöhe des Passo Torri de Fraele. Und es war kalt, richtig kalt. Habe mir sofort die Jacke angezogen, und danach erst die obligatorischen Fotos gemacht. Dann ging es weiter. Die ganzen Ausflugsitaliener mussten auch richtig frieren und der Kerl, der die MTBs vermietet hat, machte wohl auch schon mal bessere Geschäfte. Nichtsdestotrotz, schön ist es hier oben und ein gutes Ziel für spätere MTB-Touren, da es diverse Seitentäler gibt, um entweder nach Livigno, ins Unterengadin oder ins Münstertal zu kommen. Für mich ging es jedoch über die Staumauer und dann wieder bergab, hinunter zur Stilfser-Joch-Straße. Die bestimmt interessante Alternative über die Botta di Forcola (ein Sträßchen/Wanderweg direkt zum Umbrailpass) hebe ich mir auf für Zeiten, in denen meine MTB-Technik besser ist.
Torri di Fraele
Die Torri di Fraele
Passfoto
"Passfoto"
Passschild
Das Passschild aus der Nähe
Serpentinen
Die Serpentinen von oben
Staumauer
Die Staumauer des Lago di Cancano
Staumauer
Blick von der Staumauer
talabwärts!
Cime di Piator
Cime di Piator
Cime di Piator
Interessante Felsformationen
Lago di Cancano
Der Lago di Cancano
So nun, die Abfahrt wurde deutlich heftiger als der Anstieg, mit Gepäck möchte ich nicht hier hoch. Steil, steinig und rutschig wars, trotzdem machte es Spaß. Traurig nur die verlorenen Höhenmeter, immerhin ging es von knapp 2.000 wieder auf 1.550 hinunter, das bedeutete also noch 1.000 Höhenmeter bis zur Passhöhe. Und ich ahnte, dass es ungemütlich werden würde, so kalt, wie es hier war, war es bisher höchstens auf den Passhöhen. Wenigstens blies der Wind nicht so stark. Die Strecke kannte ich schon, wusste also, was auf mich zukommt: Erst eine längere Gerade mit mehreren Tunnels, dann viele übereinander geschichtete Serpentinen, schließlich das Hochtal des Braulio. Insgesamt eine sehr schöne Fahrt, für mich steht diese Seite kaum hinter der wesentlich berühmteren Nordseite mit ihrer Unzahl Serpentinen zurück. Das Schlimmste am Stilfser Joch ist immer noch die Passhöhe, total verbaut mit Skianlagen, Souvenirläden und Kiosken. Dazu aggressive, eher an Neapel erinnernde Verkaufsmethoden... Das wollte ich mir heute sparen, Ziel war ja der Umbrail und ein Besuch des Klosters in Müstair, ein UNESCO-Weltkulturerbe – nach der Berner Altstadt und den Tre Castelli in Bellinzona immerhin das dritte auf dieser Reise. Doch dazu später.
Abwärts
Der holprige Weg bergab
zur Stilfser-Joch-Straße
Stelvio
Da geht es hoch!
Stelvio
Da ging es hoch!
14 "Tornanti" waren es in diesem Steilstück, das Mitzählen ist eine nette Abwechslung beim Hochfahren. Allerdings war es doch ziemlich kalt, nach der letzten Serpentine kam die Zeit der Arm- und Beinlinge. Auf dem langen Bogen im Hochtal des Braulio machte ich einen kurzen Stopp bei der Gedenkstätte für die Opfer der Kämpfe im ersten Weltkrieg. Dann ging es weiter, es wurde immer kälter, nun kam noch ein bisschen Gegenwind dazu und ein paar Schneeflocken von oben. Aber es war Mitte August, ehrlich! Das Ziel war glücklicherweise bald in Sicht, sogar die Siedlung auf der Passhöhe des Stilfser Jochs schien greifbar nahe. Nochmal vier Tornanti, dann der Zoll und schließlich das Passschild des höchsten schweizer Passes. Eine lange Pause machte ich nicht, zog schnell die Jacke an und begab mich auf die Abfahrt. Warum ich nicht auch die langen Handschuhe anzog, bleibt ein Rätsel, vielleicht war es eine Prise Masochismus. Wie auch immer, seltsamerweise glaubte ich, dass es bald wärmer werden würde. Also, die Hände wurden immer kälter, die Bremsen immer wärmer.
Serpentinen
Einige der 14 Serpentinen
Hochebene
Die Hochebene des Braulio
Zwei Pässe
Der Zwei-Pässe-Blick:
Links der Umbrail, rechts der Stelvio
Stelvio
Passhöhe des Stelvio
Passfoto
Auf dem höchsten schweizer Pass
Umbrail
Die obersten Serpentinen des Umbrail
Gleich nach wenigen Kilometern Abfahrt kam das berüchtigte Stück Naturstraße – insgesamt sind das keine drei Kilometer und meiner Meinung nach sogar mit einem Rennrad relativ problemlos zu meistern. Bergab darf man dann halt nicht so schnell fahren. Dann war ich bald im Wald und hoch über dem Münstertal. Immer wieder konnte ich hinüber zum Pass des nächsten Tages, zum Ofenpass sehen. Und hinunter nach Sta. Maria, dort wollte ich heute abend in der Jugendherberge übernachten. Noch weiter talabwärts war Müstair zu sehen, mit dem Kloster St. Johann, einem UNESCO-Weltkulturerbe. Es war noch nicht einmal halb vier, als ich am Fuß des Passes in Sta. Maria ankam, da war es klar, dass ich mir dieses kulturelle Highlight nicht entgehen lassen wollte.
Umbrail
Dort unten beginnt das Stück Naturstraße
Münstertal
Das Münstertal, am Ende der Ofenpass
Ofenpass
Die Ofenpasshöhe mit dem Tele
Sta. Maria
Sta. Maria im Münstertal
Müstair
Müstair im Münstertal
Kloster Müstair
UNESCO-Weltkulturerbe Kloster St. Johann
Eine Überraschung erlebte ich jedoch in Sta. Maria: Der kleine Lebensmittelladen war geschlossen. Warum? Keine Ahnung. Nun ja, ich hatte ja noch genügend Materialien fürs Abendessen aus Bormio dabei – allerdings wollte ich schon etwas anderes trinken als Wasser und ein bisschen Dessert wäre auch schön. Vielleicht war in Müstair ja etwas offen, laut Reiseführer war Müstair ja der Ort zum Einkaufen im Münstertal. Aber auch hier alles zu. Vielleicht sah es ja in Italien besser aus, also weiter nach Taufers – offene Geschäfte Fehlanzeige (hier hatte ich sie auch nicht erwartet, war ja Feiertag, aber in Graubünden?) Die letzte Rettung war ein größerer Tankstellenshop kurz vor der Grenze, den suchte ich dann auf. Anschließend kam die Kultur, ein Rundgang durch die beeindruckende Klosteranlage St. Johann (www.muestair.ch). Auch eine frühmittelalterliche Abortanlage konnte man inspizieren (aber nicht ausprobieren...).

Nach Sta. Maria ging es nun wieder ein bisschen bergauf, dann checkte ich in der Jugendherberge ein. Die ist übrigens auch in einem historischen Gebäude untergebracht: Lange Jahre wahr Sta. Maria ein Umschlagplatz für die Waren, die über den Ofen- oder Umbrailpass gesäumt wurden. Eines der Gast- und Lagerhäuser, ein sogenanntes Susthaus, ist heute die Jugendherberge. Sie gefiel mir sehr gut, abends konnte ich mich noch mit ein paar anderen Radfahrern unterhalten, die mit MTB und Rucksack auf Trails in Graubünden unterwegs waren. In der Selbstversorgerküche kochte ich mir – gar nichts, mein Abendmahl bestand aus belegten Brötchen. Anschließend begab ich mich noch auf einen kleinen Dorfrundgang, dann las ich die Südostschweiz, während der Zeit in Graubünden neben der NZZ meine tägliche Lektüre. Irgendwie musste ich mich ja auf den nächsten Tag vorbereiten, schließlich war eine Braunbärbegegnung nicht völlig auszuschließen...

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© Holger Rudolph