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Montag, 15.8.2005 – 13. Etappe
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Erst eine lange, gerade Strecke am Hang, dann folgen jene dicht
übereinander gepackten Serpentinen, siehe die Bilder oben. Recht bald merkte ich,
dass die Gegend um den Lago die Cancano und den Lago die San Giacomo di Fraele ein
beliebtes Ausflugsziel ist, insbesondere in den Sommerferien. Ich erhoffte mir eine
einsame Passstraße und bekam Geländewagen, Fiat Pandas und vieles mehr, alles auf
dem Weg nach oben. Glücklicherweise fuhr kaum jemand bergab, so dass immer genug
Platz war, und rasant fahren konnte auf dieser Straße sowieso niemand. Wegen der
tollen Blicke ins Valdidentro und nach Bormio fuhr ich immer auf der Talseite der
Straße, was für die automobilen Massen auch kein Problem darstellte. |
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Die namensgebenden Türme kommen immer näher, bald erreichte ich die
Passhöhe des Passo Torri de Fraele. Und es war kalt, richtig kalt. Habe mir sofort
die Jacke angezogen, und danach erst die obligatorischen Fotos gemacht. Dann ging es
weiter. Die ganzen Ausflugsitaliener mussten auch richtig frieren und der Kerl, der
die MTBs vermietet hat, machte wohl auch schon mal bessere Geschäfte.
Nichtsdestotrotz, schön ist es hier oben und ein gutes Ziel für spätere MTB-Touren,
da es diverse Seitentäler gibt, um entweder nach Livigno, ins Unterengadin oder ins
Münstertal zu kommen. Für mich ging es jedoch über die Staumauer und dann wieder
bergab, hinunter zur Stilfser-Joch-Straße. Die bestimmt interessante Alternative
über die Botta di Forcola (ein Sträßchen/Wanderweg direkt zum Umbrailpass) hebe
ich mir auf für Zeiten, in denen meine MTB-Technik besser ist. |
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So nun, die Abfahrt wurde deutlich heftiger als der Anstieg, mit Gepäck
möchte ich nicht hier hoch. Steil, steinig und rutschig wars, trotzdem machte es
Spaß. Traurig nur die verlorenen Höhenmeter, immerhin ging es von knapp 2.000 wieder
auf 1.550 hinunter, das bedeutete also noch 1.000 Höhenmeter bis zur Passhöhe. Und
ich ahnte, dass es ungemütlich werden würde, so kalt, wie es hier war, war es bisher
höchstens auf den Passhöhen. Wenigstens blies der Wind nicht so stark. Die Strecke
kannte ich schon, wusste also, was auf mich zukommt: Erst eine längere Gerade mit
mehreren Tunnels, dann viele übereinander geschichtete Serpentinen, schließlich das
Hochtal des Braulio. Insgesamt eine sehr schöne Fahrt, für mich steht diese Seite
kaum hinter der wesentlich berühmteren Nordseite mit ihrer Unzahl Serpentinen zurück.
Das Schlimmste am Stilfser Joch ist immer noch die Passhöhe, total verbaut mit
Skianlagen, Souvenirläden und Kiosken. Dazu aggressive, eher an Neapel erinnernde
Verkaufsmethoden... Das wollte ich mir heute sparen, Ziel war ja der Umbrail und ein
Besuch des Klosters in Müstair, ein UNESCO-Weltkulturerbe – nach der Berner Altstadt
und den Tre Castelli in Bellinzona immerhin das dritte auf dieser Reise. Doch dazu
später. |
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14 "Tornanti" waren es in diesem Steilstück, das Mitzählen ist eine
nette Abwechslung beim Hochfahren. Allerdings war es doch ziemlich kalt, nach der
letzten Serpentine kam die Zeit der Arm- und Beinlinge. Auf dem langen Bogen im
Hochtal des Braulio machte ich einen kurzen Stopp bei der Gedenkstätte für die Opfer
der Kämpfe im ersten Weltkrieg. Dann ging es weiter, es wurde immer kälter, nun kam
noch ein bisschen Gegenwind dazu und ein paar Schneeflocken von oben. Aber es war
Mitte August, ehrlich! Das Ziel war glücklicherweise bald in Sicht, sogar die
Siedlung auf der Passhöhe des Stilfser Jochs schien greifbar nahe. Nochmal vier
Tornanti, dann der Zoll und schließlich das Passschild des höchsten schweizer Passes.
Eine lange Pause machte ich nicht, zog schnell die Jacke an und begab mich auf die
Abfahrt. Warum ich nicht auch die langen Handschuhe anzog, bleibt ein Rätsel,
vielleicht war es eine Prise Masochismus. Wie auch immer, seltsamerweise glaubte ich,
dass es bald wärmer werden würde. Also, die Hände wurden immer kälter, die Bremsen
immer wärmer. |
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Gleich nach wenigen Kilometern Abfahrt kam das berüchtigte Stück
Naturstraße – insgesamt sind das keine drei Kilometer und meiner Meinung nach sogar
mit einem Rennrad relativ problemlos zu meistern. Bergab darf man dann halt nicht so
schnell fahren. Dann war ich bald im Wald und hoch über dem Münstertal. Immer wieder
konnte ich hinüber zum Pass des nächsten Tages, zum Ofenpass sehen. Und hinunter nach
Sta. Maria, dort wollte ich heute abend in der Jugendherberge übernachten. Noch
weiter talabwärts war Müstair zu sehen, mit dem Kloster St. Johann, einem
UNESCO-Weltkulturerbe. Es war noch nicht einmal halb vier, als ich am Fuß des
Passes in Sta. Maria ankam, da war es klar, dass ich mir dieses kulturelle Highlight
nicht entgehen lassen wollte. |
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Eine Überraschung erlebte ich jedoch in Sta. Maria: Der kleine
Lebensmittelladen war geschlossen. Warum? Keine Ahnung. Nun ja, ich hatte ja noch
genügend Materialien fürs Abendessen aus Bormio dabei – allerdings wollte ich schon
etwas anderes trinken als Wasser und ein bisschen Dessert wäre auch schön. Vielleicht
war in Müstair ja etwas offen, laut Reiseführer war Müstair ja der Ort zum Einkaufen
im Münstertal. Aber auch hier alles zu. Vielleicht sah es ja in Italien besser aus,
also weiter nach Taufers – offene Geschäfte Fehlanzeige (hier hatte ich sie auch
nicht erwartet, war ja Feiertag, aber in Graubünden?) Die letzte Rettung war ein
größerer Tankstellenshop kurz vor der Grenze, den suchte ich dann auf. Anschließend
kam die Kultur, ein Rundgang durch die beeindruckende Klosteranlage St. Johann
(www.muestair.ch). Auch eine
frühmittelalterliche Abortanlage konnte man inspizieren (aber nicht
ausprobieren...). Nach Sta. Maria ging es nun wieder ein bisschen bergauf, dann checkte ich in der Jugendherberge ein. Die ist übrigens auch in einem historischen Gebäude untergebracht: Lange Jahre wahr Sta. Maria ein Umschlagplatz für die Waren, die über den Ofen- oder Umbrailpass gesäumt wurden. Eines der Gast- und Lagerhäuser, ein sogenanntes Susthaus, ist heute die Jugendherberge. Sie gefiel mir sehr gut, abends konnte ich mich noch mit ein paar anderen Radfahrern unterhalten, die mit MTB und Rucksack auf Trails in Graubünden unterwegs waren. In der Selbstversorgerküche kochte ich mir – gar nichts, mein Abendmahl bestand aus belegten Brötchen. Anschließend begab ich mich noch auf einen kleinen Dorfrundgang, dann las ich die Südostschweiz, während der Zeit in Graubünden neben der NZZ meine tägliche Lektüre. Irgendwie musste ich mich ja auf den nächsten Tag vorbereiten, schließlich war eine Braunbärbegegnung nicht völlig auszuschließen... |
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