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Sonntag, 22.4.2007 – 7. Etappe
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In St. Jean fotografierte ich den Zweiradladen, dessen netter Besitzer mit
die Weiterreise an diesem Wahlsonntag erst ermöglichte. Wahlsonntag war es und die
Franzosen wählten. Einen Eindruck von der sehr hohen Wahlbeteiligung bekam ich vor dem
Rathaus von St. Jean, ein Kommen und Gehen, alle mit den Wahlunterlagen in der Hand. Die
meisten hier wählten Ségolène Royal, auch im zweiten Wahlgang. Ich durfte ja nicht, also
fuhr ich weiter. |
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Knappe 20 km waren es bis Leoncel, der ersten Etappa auf dem Weg zum
Col de la Bataille. Und 700 Höhenmeter, das sollte zu schaffen sein. War es auch.
Zunächst ging es durch offenes Land, mit schönen Rückblicken auf die Royans-Gemeinden und
auf die Westkante des Vercors. Dann wurde das Tal enger und bewaldet, allerdings nicht
steiler. Kaum Verkehr, kaum Menschen zu sehen, Sonne, Schatten, es war eine schöne
Fahrt hinauf nach Leoncel. |
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Unvermittelt wurde das Tal weiter, der Wald hörte auf und ein kleiner
Weiler tauchte auf. Ein paar Häuser und eines der „Kulturhighlights“ dieser Radtour: Das
Zisterzienser-Kloster von Leoncel. Insbesondere die romanische Abtei ist sehr sehenswert,
die einzige Kirche, die ich auf dieser Reise betrat. Schön kühl war es natürlich auch
drinnen, draußen gab es noch einen Apfel und etwas zu trinken aus der linken vorderen
Packtasche, dann brach ich auf zum Col de la Bataille. |
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Zwei Serpentinen, dann weiter im Wald nach oben, so kämpfte ich mich zum
Col de la Bataille. Nun, kämpfen ist vielleicht etwas übertrieben, richtig steil war es
nicht und die Sonne wurde durch die Bäume gemildert. Nach einem Tunnel kam endlich der
Pass, das heißt, nicht direkt nach dem Tunnel, erst folgte noch eine kurze Abfahrt.
Denn der Col de la Bataille wird genaugenommen nur gequert von der Straße, nicht
überquert. Doch fern solcher Spitzfindigkeiten: Das Panorama war ein weiteres Mal
grandios. Der Roc de Toulau (1.581 m) beherrschte die Szenerie, nach links blickt man
in Richtung Norden, in Richtung St. Jean etc., nach rechts, Süden, auf ein weites
Talbecken, das in den Gorges d'Omblèze endet. Viele Autos standen hier, offensichtlich
ist dies kein Geheimtipp. |
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Nun folgte die Straße der Belvédères: Einen Aussichtspunkt nach dem anderen
verzeichnete die Michelinkarte, und da war sie zuverlässig. Eigentlich konnte man hier
alle 100 m stehenbleiben. So oft hielt ich nicht, aber oft genug für jede Menge Fotos.
Dann meldete sich der Hunger, es war ja schon Mittag. Ein schöner Rastplatz war sehr
schnell gefunden, langweilige gab es nicht. Nach dem Mittagsmahl fuhr ich weiter in Richtung Osten, hoch und runter, immer am Abgrund verlief die Straße. Inzwischen gab ich es auf, an jedem schönen Aussichstpunkt stehenzubleiben, ich wäre sonst nie in Die angekommen. Es folgte ein bekannter Abschnitt, zum dritten Mal in zwei Tagen erreichte ich den Col de la Portette. Diesmal fuhr ich allerdings weiter bergauf, nicht hinab durch die Combe Laval, sondern hinauf zum Col de Lachau. Und es lief überhaupt nicht gut, alle zwei Kilometer musste ich eine kleine Pause einlegen, bis ich auf die Idee kam, den Blutzucker zu messen ... Klar, am Rande einer Unterzuckerung fährt es sich nicht allzu gut bergauf. Ich würgte den letzten Rest Vollkornbrot (ja, sowas habe ich in Frankreich gefunden) hinein, aber das half. Das Skigebiet Font d'Urle erreichte ich schnell, dann den Col de Lachau, schon auf der Abfahrt. Doch es musste noch eine Steigung kommen, ehe es endgültig hinunter nach Vassieux ging, auf der Michelinkarte war eindeutig ein Steigungspfeil eingebrannt. |
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Doch bald war ich am Mémorial de la Résistance, von dort ging es nur noch
bergab bis Vassieux. Der auf der Michelinkarte angedrohte Steigungspfeil fand keinerlei
Entsprechung in der Realität. Auch schön. Ebenso schön der Blick über das Hochtal von
Vassieux-en-Vercors, der sich bald bot: Die kargen, verkarsteten Flächen, dahinter die
Gebirgskette mit dem Grand Veymont und dem Mont Aiguille, wie immer bei bestem Wetter.
Klar, Fotopausen. Dann in zwei langen Geraden hinunter nach Vassieux, vorbei am
Ehrenfriedhof der Résistancekämpfer. Das Vercors war eines der Zentren der Résistance
im Kampf gegen die deutsche Besatzung. Die Résistance-Kämpfer nutzten die dünn besiedelte
Region mit den wenigen, leicht zu verteidigenden Zugängen als Stützpunkt ihres Widerstands.
Die Alliierten waren bereits in der Normandie gelandet, nun sollten auf den Hochebenen
Start- und Landepisten als Brückenkopf für die Alliierten errichtet werden. Jedoch blieb
die versprochene Unterstützung der Résistancekämpfer durch die Alliierten aus, und die
deutschen Truppen eroberten die Region. Mahnmale wie dieser Friedhof oder das Mémorial
erinnern überall im Vercors an diese Zeit.
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Auf den ersten Blick fiel es mir nicht auf, dann schon: Ein gewachsenes Dorf
war das nicht. Am 21. Juli 1944 landeten deutsche Fallschirmspringereinheiten in
Vassieux, besiegten die Résistance-Kämpfer und legten Vassieux und La Chapelle in
Schutt und Asche. In Vassieux wurden 70 Zivilisten hingerichtet, insgesamt starben
über 600 Widerstandskämpfer und 200 Zivilisten.
Nach dem Krieg wurde das Dorf wieder aufgebaut. Heute ist Vassieux ein Wintersportort, insbesondere Langlauf und Biathlon werden hier betrieben. Radfahrer gibt es auch ein paar, und viele Motorradfahrer überholten mich und kamen mir entgegen. Gewählt wurde auch hier, doch nicht mehr lange, nur noch zwei Stunden war das Wahllokal geöffnet. Vielleicht konnte ich am Abend ja die Wahlberichterstattung irgendwo sehen. |
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Noch zwei Pässe standen auf dem Programm, allerdins beide ziemlich
problemlos (so langsam fühlte ich mich auch fit, gibt es überhaupt problematische
Pässe). Zunächst ging es in Richtung Col de Saint Alexis. Das auf dem Straßenschild
in Vassieux angekündigte "Stade Raphael Poirée" habe ich nicht entdecken können, ob
es nur im Winter aus Eis aufgebaut wird? Wer weiß. Den erste der beiden Pässe erreichte
ich jedenfalls recht bald, nur wenige Höhenmeter waren zu überwinden. |
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Noch wenige Höhenmeter waren es zum nächsten Pass, eigentlich ging es mehr
bergab. Leider versperrten Bäume den Tiefblick ins Tal nach Rousset, somit
gibt es auch keine Fotos davon und keine weiteren Worte darüber. Der Col du Rousset
wird genaugenommen unterquert, ein Scheiteltunnel schenkte mir die letzten
Höhenmeter. Auf der Vercors-Seite des Tunnels befand sich eine kleine Skistation,
im April ist da gar nichts los. Die andere Seite ist das Tor zum Süden, in die Provence.
Serpentinen über Serpentinen, fast ein bisschen Alpe d'Huez. Rechts und links die
schroffen Kalkfelsen des Vercors, nach Süden fällt der Blick auf das Bergland des Diois,
unten im Tal der Drôme liegt Die, etwas versteckt hinter einem Berg. Da ging es nun
also hinunter, ein paar Fotostopps waren aber vorprogrammiert, etwa bei den imposanten
Felsnadeln... |
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Rollen, rollen, rollen, fast bis ins Tal des Drôme. Dann war ich in Die, und
das, was der Radfahrer auf dem Col de la Placette gesagt hat, nun verstand ich es:
"C'est la méditerranée". Die ist Provence. Und ein schönes Städtchen dazu. Und eins,
in dem noch ein kleiner Supermarkt geöffnet hatte. Dort kaufte ich mir mein Abendmahl,
anschließend machte ich mich auf die Suche nach einem Campingplatz. Es gab viele, der
Camping Municipal war allerdings geschlossen. Fündig wurde ich schließlich etwas außerhalb, ein von Holländern betriebener Platz, fast völlig leer. Ein Wohnwagen (natürlich auch aus Holland) war da, sonst niemand. Reisen in der Vorsaison kann schon schön sein ... Einen Fernsehraum, wie insgeheim erhofft, gab es nicht, also musste ich bis morgen warten, um die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl zu erfahren. |
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