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Sonntag, 31.5.2009 – 3. Etappe
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Zelt geöffnet, die Sonne schien. Das war ja schon mal schön. Ein bisschen
Rückenschmerzen verspürte ich, lange mache ich das nicht mehr, dieses Zelten. Ich
hatte noch genügend Vorräte für das Frühstück, so musste ich nichts kaufen. Wo auch,
schließlich war Sonntag. Also, Zeltabbau, Frühstück und Start. Ziel Andermatt, einfach
dem Verlauf der Veloroute 3 folgen. Die verläuft zunächst entlang des Vierwaldstätter Sees
bis Stansstad, und ich schaute fast mehr auf den See und die Berge als auf die Straße.
Wolken, Sonne, Sonne, Wolken, immer neue Stimmungen ergaben sich. Klar, ab und an
musste ich stehen bleiben und Fotos machen. Glücklicherweise war es bis Andermatt nicht
so weit, keine 70 km. |
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Vorbei an Rotzloch – welch schöner Ortsname – fuhr ich bis Stans; dort machte ich
die erste kürzere Pause. Und wieder wunderte ich mich ein wenig über die Schweiz: Stans
ist der Hauptort des Kantons Nidwalden. Die Schweizer Kantone haben z. T. mehr
Souveränität und Rechte als deutsche Bundesländer – und jener Kanton Nidwalden hat mit
40.000 weniger als halb so viele Einwohner wie die kleinste deutsche Landeshauptstadt,
Schwerin. Stans hat 7.500 Einwohner, (Frankfurt-Rödelheim hat 10.000 mehr). Okay,
es reicht, so viel erstmal zur Statistik. Ein schönes kleines Städtchen ist Stans
allemal, mit Kirche, Heldendenkmal und natürlich mit Bahnhof. |
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Bis Beckenried waren es noch wenige Kilometer, von dort wollte ich mit
der Fähre nach Gersau übersetzen. Das ist nötig, denn es gibt außer der Autobahn keinen
zumutbaren Weg, um am Südufer des Sees in die Reussebene zu kommen. Da die Fähre gerade
weggefahren war, versuchte ich mein Glück bei den normalen Schiffen des Vierwaldstätter
Sees. Et voilá, nur zehn Minuten Wartezeit. Die reichten, um eine Bäckerei aufzusuchen.
Und um mir zu überlegen, nicht einfach nur auf die andere Seite des Sees überzusetzen,
sondern mit dem Schiff bei diesem schönen Wetter bis Flüelen zu fahren und mir so die
Axenstraße zu ersparen. In Richtung Süden gibt es zwar weitgehend einen Radweg, dennoch
ist der Verkehr stark, und ich bin die Straße schon oft gefahren, da zog ich die
Schifffahrt vor. |
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Beckenried – Gersau – Treib – Brunnen – Rütli – Sisikon – Tellsplatte – Flüelen.
Das waren die Stationen der Schifffahrt durch das geographische und mentale Herz der
Schweiz. Und bei diesem Wetter machte es Spaß, auf dem Deck zu sitzen und die
Landschaft passieren zu lassen. Doch damit war es in Flüelen vorbei, Fortbewegung
aus eigener Kraft war nun wieder angesagt. Erstes Ziel: Coop-Pronto in Schattdorf.
Obwohl ja meist an Tankstellen, sind diese Coop-Pronto eine segensreiche Einrichtung
auch für Radreisen: sonntags geöffnet und akzeptable Preise. Nach dem Einkauf folgten noch ein paar flache Kilometer vorbei an der NEAT-Baustelle bis nach Amsteg, wo der Anstieg in Richtung Andermatt begann. Ich blieb auf der Kantonsstraße und wechselte nicht auf die Veloroute, da es gut lief und ich zudem Rückenwind hatte. Das wollte ich ausnutzen bis Amsteg, ab dort war dann ohnehin alles egal. |
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Ein letzter Blick zurück auf die dichtbesiedelte Reussebene (und sie ist
dichtbesiedelt, auch wenn das Foto unten vielleicht anderes vermuten lässt), dann begann
die Steigung. Dank Veloland-Beschilderung ist auch gleich klar, was noch vor einem
liegt. Allerdings nicht vor mir, für mich sollte es ja nur bis Andermatt gehen. Ich weiß gar nicht, wie oft ich den Gotthardpass schon gefahren bin. Das ist der Fluch der zentralen Lage, denn ich bin nicht der einzige, der seit der Bezwingung der Schöllenenschlucht diesen Weg auf sich nahm. Der Verkehr ist in dem engen Tal allgegenwärtig, Bahn, Autobahn und Kantonsstraße sind unüberseh- und -hörbar. |
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Als Mittagspausenort erkor ich Wassen, mit dem berühmten
Kirchlein, einem Wahrzeichen der Gotthardbahnlinie. Dreimal aus unterschiedlicher
Höhe sieht man es aus dem Zugfenster, dank mehrerer Kehrtunnel. Von der Straße ist es
nicht ganz so spektakulär, außerdem bekam ich die ersten Tropfen ab, also suchte ich
mir schnell einen trockenen Platz. Und tatsächlich fand ich eine überdachte
Bank. Essen, Zeitunglesen und ein wenig auf das Ende des Regens warten, so sah diese
Mittagspause aus. |
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Als der Regen nachließ, fuhr ich weiter, bis Göschenen sind es nur wenige
Kilometer, dort beginnt dann der Anstieg nach Andermatt. Erste Gedanken kamen auf,
dass Andermatt als Ziel doch arg nahe ist, schließlich war es erst Mittag. Weiterfahren?
Wohin? Nach Airolo, zum dritten Mal im gleichen Hotel übernachten? Hm. Erstmal
ging es vorbei am Teufelsstein nach Göschenen. Der Teufelsstein, was ist denn das? Ein "Relikt" der berühmten Sage über den Bau der Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht. Diese Schlucht war lange Zeit das unüberwindbare Hindernis auf der Gotthardroute, erst nach dem Bau des Passes durch die Schlucht erlangte der Gotthard seine überragende verkehrliche Bedeutung. Lange versuchte man vergeblich, eine Brücke über die stiebende Reuss zu bauen. Da rief ein Landammann verzweifelt, dass doch der Teufel die Brücke bauen solle. Dieser wiederum ließ sich nicht zweimal bitten und verlangte als Gegenleistung die Seele desjenigen, der als erster die Brücke überquerte. Die Urner willigten ein, der Teufel baute die Brücke … und die Urner schickten einen Ziegenbock darüber. Ganz schön clever. Das machte den Teufel etwas wütend, er nahm einen Stein und wollte die Brücke wieder zerstören. Eine fromme Frau jedoch, die ihm begegnete, ritzte ein Kreuz in den Stein. Damit kam der Teufel nicht klar, vergaß zu zielen und der Stein kullerte durch das Tal dorthin, wo er heute noch steht. Das heißt, fast dorthin. Denn er lag genau dort, wo man das Portal des Autobahntunnels geplant hatte. Also wurde der tonnenschwere Stein um 127 m verschoben. Ist es nun die erneute Rache des Teufels, dass er das Tal mit immer mehr Verkehr bestrafte? Wie dem auch sei, in Göschenen fing es aus vermutlich trivialen meteorologischen Gründen wieder stärker an zu regnen, ich suchte Schutz unter dem Vordach eines ziemlich verlassenen Hauses. Der Ort hatte schon bessere Zeiten gesehen. Nach der kurzen Regenpause fuhr ich also in die berühmte Schöllenenschlucht ein. |
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Der Regen ließ nach, dafür wurde der Verkehr immer stärker. So viele Autos
und Busse habe ich noch nie durch die Schöllenen fahren sehen! Das Radfahren durch die
langgezogenen Galerien machte alles andere als Spaß, laut und sehr eng war es. Es ist
kein schönes Gefühl, wenn ein riesiger Bus mit ca. 8 km/h hinter einem herfährt, weil
er nicht überholen kann. Und man nicht mal den Platz hat, an der Seite kurz anzuhalten,
um ihn vorbeizulassen, weil die Seite aus der Tunnelwand besteht. Als ich die neue Teufelsbrücke erreichte, entspannte sich die Lage. Die Straße wurde breiter und ich machte erstmal eine kurze Pause, um die Teufelsbrückenfotos zu schießen. Ein historisches Restaurant gab es hier also, das war mir bisher noch nicht aufgefallen. |
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Um "viertel vier" erreichte ich Andermatt, eigentlich viel zu früh, um
schon ein Hotel zu suchen. Aber das Wetter war nicht so berauschend, und ich
wollte doch schöne Schneewandfotos auf dem Gotthardpass machen. Ich befürchtete,
dass das heute nicht klappen würde und wollte nicht ohne weiter nach Airolo fahren.
Deshalb ging ich in die Touristinfo und besorgte mir ein Unterkunftsverzeichnis.
Außerdem unterhielt ich mich mit den netten Angestellten dort und erfuhr so u. a., dass
der Grimselpass wohl in der folgenden Woche geöffnet werden würde, ebenso der Furkapass.
Außerdem konnten sie den enormen Verkehr in der Schöllenen erklären: Ich war nicht
der einzige, der Schneewände sehen wollte. Auf der Passhöhe hatte es wohl tagsüber kaum
einen Parkplatz gegeben, alle, die es irgendwie einrichten konnten, wollten Fotos
vor fünf Meter Schnee machen. Ich suchte mir im Unterkunftsverzeichnis drei bezahlbare Hotels aus und steuerte sie an, um sie von außen zu vergleichen. In dem, das mir am besten gefiel, wollte ich mich einquartieren. Einmal durch das Dorf und zurück, hm, kein eindeutiger Favorit. Und es war auf einmal blauer Himmel zu sehen. Noch ein Blick ins Unterkunftsverzeichnis, nun wollte ich einfach das billigste nehmen, ohne Rücksicht auf Verluste. Da fiel mein Blick auf das "Hotel Albergo San Gottardo" … und das war die Lösung! Warum ich nicht früher darauf gekommen bin, ist mir ein Rätsel. Auf der Passhöhe zu übernachten hatte ich mir schon häufiger vorgenommen. Und schnell war der Entschluss gefasst, die zwölf Kilometer bis oben fahre ich noch. Schwer ist der Gotthardpass nun nicht mehr, zwölf Kilometer für knappe 700 Höhenmeter. Es regnete nicht mehr, der Verkehr ließ nach, so machte es sogar Spaß, raufzufahren. Die Zwischenziele hatte ich mir schon häufiger gesetzt, von Andermatt aus sind dies Hospental, das Mätteli, die Kantonsgrenze und schließlich die Passhöhe. Eine solche Unterteilung ist ein psychologische Hilfe; Zwischenziele auf dem Weg nach oben zu erreichen, das macht es mir in der Regel einfacher. Nach der Kantonsgrenze konnte ich mir so langsam vorstellen, was "viel Schnee" heißt. |
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Oh ja, hier lag noch viel Schnee! Als ich oben ankam, waren kaum noch Autos
und Motorräder unterwegs, es war fast angenehm ruhig. Und kalt. Trotzdem, Fotos müssen
natürlich gemacht werden, ich wusste ja nicht, wie am nächsten Tag das Wetter sein
würde. Es ist nur eine kleine Auswahl der Fotos, die ich hier zeige: |
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Die Albergo San Gottardo gefiel mir sehr gut, einfach, bequemes Bett … und
ein auffallender Nachtischlampenstuhl. Interessant auch das, was man mir beim
Einchecken sagte: "Frühstück gibt es drüben im Restaurant, ab fünf Uhr … aber Sie
wollen ja nicht skifahren". Und in der Tat, das wollte ich nicht. Offensichtlich als
einziger Gast in dieser Nacht, überall standen Tourenski und -schuhe auf dem Flur. Da
gehörte ich also zu den Spätaufstehern, auch mal was neues. Für das Fahrrad
gab es auch einen Platz, einen Fahrradkeller, doch ... hm, "möglicherweise kommt man
noch nicht dran, vielleicht liegt da noch ein bisschen Schnee davor". Es lag
jede Menge Schnee davor, also übernachtete mein Fahrrad draußen. Natürlich machte ich noch einen Spaziergang auf der Passhöhe, obwohl es doch empfindlich kälter wurde und ich fast alle wärmenden Klamotten anzog. Der leichte Regen, der wieder eingesetzt hatte, ging in Schneefall über. Beeindruckend schön war es trotzdem hier oben. Auch Anfang Juni gilt: Ich bin ein Wintermensch. Vor einer Schneemauer stehend schickte ich noch schnell Geburtstagsgrüße in die Heimat, dann ging ich auf mein Zimmer, las noch etwas und verordnete mir eine Höhentrainingslagerbettruhe. |
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