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Der Pass – Strecke
In Thusis teilt sich der Weg. Entweder über
Albula bzw. Julier ins Engadin oder
über Splügen bzw. San Bernardino nach Italien. Für den Weg über den Splügenpass
kann man es sich einfach machen und bis Splügen der Graubündenroute, der
Route Nr. 6 des Veloland Schweiz folgen, somit hat man immer gute Beschilderung
und wenig Verkehr. Ein Höhepunkt der Fahrt über den Splügenpass steht gleich zu
Beginn auf dem Programm: Von Thusis führt die Straße direkt in eine Felswand
(Bild 1) und man ist mitten in der berühmt-berüchtigten
Viamala-Schlucht. Am Ende der Schlucht ändert sich die Landschaft
radikal: Eben noch die tiefe, dunkle Schlucht, nun das weite, grüne Tal
(Bild 2). Im Schams oder im Val Schons, wie dieses Tal auf
rätoromanisch heißt, ist noch einmal Erholung angesagt, da es für einige
Kilometer relativ flach bleibt.
Und wer eine Pause machen will, der kann Weltberühmtes
besichtigen:
Die Kirche St. Martin in Zillis. Von außen wirkt sie eher
unscheinbar, ihren Schatz birgt die "Sixtina der Alpen" im Innern: Eine
romanische Holzdecke, geschaffen zu Beginn des 12. Jahrhunderts. 153 farbig
bemalte Holztafeln zeigen szenisch das Leben Christi bis zur Dornenkrönung.
Zurück auf dem Rad fordern die nächsten Kilometer keine größeren Anstrengungen, da
die Straße ohne größere Steigung durch die Wiesen des Schams verläuft
(Bild 3). In Andeer, dem letzten und größten Ort des Schams,
bietet sich eine Pause an. Zum einen zur Stärkung, denn hinter dem Ort wird es
steiler, zum anderen, weil der vergangene Reichtum aus besseren Zeiten Andeer
noch anzusehen ist: Ein geschlossenes Ortsbild mit einer Mischung aus bündner und
italienischer Architektur. Auf Schönheit folgt Schweiß: Direkt hinter Andeer wird
es steil. Zunächst kommt ein Stausee, dann eine Kreuzung, nach links geht es ins
Avers, nach rechts weiter in Richtung Splügen. In mehreren Serpentinen gewinnt
man rasch an Höhe, verfahren kann man sich kaum, dennoch ist die Beschilderung der
Veloroute vorbildlich: Bild 4, zudem wird der Radfahrer,
dank der San-Bernardino-Nationalstraße, kaum vom motorisierten Verkehr belästigt.
Dreimal kreuzt die neue Straße mit kühnen Brücken die alte Straße und den Rhein,
dann erreicht man die Staumauer des Sufner Sees (Bild 5).
Entweder man nutzt weiter die Veloroute 6, sie führt am
linken Seeufer über einen nicht asphaltierten Weg in Richtung Splügen, oder
man fährt am rechten Ufer nach Sufers. Dann geht es auf einem landwirtschaftlichen
Weg direkt neben der Autostraße weiter bis Splügen, dem letzten Ort vor dem Pass.
Hier trennen sich die Wege, es entweder weiter über den San Bernardino nach Bellinzona
oder über den Splügenpass nach Chiavenna und Como. Und dass dieses einst eine
lukrative Lage war, sieht man dem Ortsbild noch heute an (Bild 6).
Palastartig wirken die Gebäude
um den zentralen Platz. Im wuchtigen Bodenhaus (Bild 7)
logierten einst berühmte Gäste: Napoleon III, Königin Viktoria, Friedrich Nietzsche,
Theodor Fontane, Carl Wilhelm Röntgen und viele mehr. Nach Splügen werden die letzten
neun Kilometer bis zur Passhöhe in Angriff genommen. Gleich hinter dem Ort
schraubt sich die Straße mit fünf Serpentinen nach oben, immer wieder bieten sich
schöne Blicke auf das Dorf Splügen und das Rheinwald. Danach folgen drei
Kilometer geradeaus auf dem Talboden mit einer Steigung um sechs Prozent,
die letzten Bäume stehen rechts und links der Straße, dann wird es wieder sehr
kurvig, was man von unten gar nicht ohne weiteres erahnen kann:
Bild 8. Zunächst zehn dicht übereinander liegende Serpentinen,
von oben allerdings deutlich auszumachen (Bild 9,
Bild 10 und Bild 11), dann ein etwas
längeres Stück geradeaus, nochmals ein paar Serpentinen und man hat den
Schweizer Zoll erreicht, allerdings noch nicht die Passhöhe. Die ist noch gute
100 Höhenmeter entfernt. Es lohnt sich, auf diesen 100 Höhenmetern mal zurückzuschauen.
Der Blick auf die letzten Kilometer der Passstraße sowie die Berge hinter Splügen
lohnt sich, wie Bild 12 zeigt. Das gilt allerdings nur bei
guter Sicht (Bild 13). Nun ist die Passhöhe nicht mehr weit
(Bild 14), der italienische Zoll wird passiert und
was nun kommt, sind 30 km Abfahrt bis Chiavenna und von dort 20 km zum Baden im
Comer See
Der Bahnhof von Chiavenna stammt aus einer anderen Zeit:
heute ist er Endstation einer relativ unbedeutenden Stichstrecke, geplant war er
als internationale Drehscheibe der Eisenbahnen über den Splügen und über den Maloja.
In der Realität ist das kleine Städtchen an der Mera (Bild 15)
eine Station zum Kaffeetrinken für Radfahrer auf einer Julier-Maloja-Splügen-Runde
... (Bild 16). Eine Stärkung ist allerdings anzuraten,
angesichts dessen, was bevorsteht.
Bis zur Passhöhe ist es ein schweres Stück Arbeit: knapp
1.800 Höhenmeter auf weniger als 30 km. Von Chiavenna geht es ins Tal des Liro, und
zwar sofort bergauf. Die ersten Kehren kommen kurz vor San Giacomo-Filippo, dann
wechseln längere gerade Stücke mit Serpentinen ab. Bei Lirone erreicht man die
900 Höhenmeter, also hat man nach acht Kilometern schon fast ein Drittel der
Höhe geschafft. Campodolcino, das römische Tarvesede, ist der Hauptort des
Valle San Giacomo. Römisches gibt es hier allerdings nicht mehr viel zu sehen,
auch die "ponte romano" dürfte jünger sein. Es liegt in der größten Ebene des
sonst durchweg engen Tals, die Ebene gönnt dem Radfahrer drei Kilometer der Erholung.
Was nun folgt, ist eine der spektakulärsten Straßen der Alpen.
Serpentinen wirken wie übereinander gestapelt, die Straße
verläuft geradezu in der Felswand, siehe Bild 17,
Bild 18 und Bild 19. Wer nicht
schwindelfrei ist, sollte besser nicht nach unten schauen, der Rückblick
Bild 20 muss reichen. Kurz nach Pianazzo erreicht man die
Baumgrenze, die Landschaft ändert sich, die Geländeformen werden wieder flacher.
Beeindruckend ist der Blick zurück, tief unten fließt der Liro, oben weiden die Schafe,
dazwischen die Steilstufe Bild 21. Stuetta, ein Weiler aus
grauen Steinhäusern, wirkt ziemlich verlassen. Die drei Kilometer entlang des
Stausees sind die letzte Ruhepause vor dem finalen Anstieg. Monte Spluga liegt am
Nordende des Sees und ist der letzte Ort auf der Südseite des Passes.
Dort wird es für kurze Zeit noch einmal richtig steil, bis zu 10 %. Die Vegetation
wird immer spärlicher, immer größer werden die Geröllfelder zwischen dem Gras und
nach ein paar Kurven erreicht man endlich die Passhöhe. Start war das fast
mediterrane Chiavenna unweit des Comer Sees, hier oben ist man nicht mehr weit
vom ewigen Eis am Surettahorn (3.027 m, im Osten der Passhöhe). Auch zu Fuß ist
das möglich, die Viaspluga,
ein historischer Wanderweg, lässt dabei Geschichte lebendig werden
Bild 22. Mit dem Rad geht es natürlich schneller, und oben
müssen die obligatorischen Passfotos geschossen werden, entweder am Wanderwegweiser
(Bild 23) oder am Straßenpassschild Bild 24. |