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Der Julierpass kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Er verbindet das
Rheintal mit dem Engadin und dem Comer See. Schon die Römer nutzten ihn als
Alpenübergang, parallel zu dem benachbarten Septimerpass und dem etwas weiter
entfernten Splügenpass. Es gab also von Chiavenna nach Chur drei Wege, wobei
sich Julier- und Septimerroute nur in den Teilstücken der Passhöhen unterschieden.
Durch das Bergell bis Casacchia und von Bivio durch das Oberhalbstein und über
die Lenzerheide benutzten beide die gleichen Wege. Möglicherweise wurde der einfacher
zu befahrende Julier eher von den beladenen Karren benutzt (unterhalb des Hospizes
können eindrucksvolle Karrgeleise, die von dieser Zeit zeugen, bewundert werden),
während die Septimerroute für leichteren Wagen auf dem Rückweg die kürzere Alternative
darstellte. Die Römer umgingen die Crap-Ses-Schlucht zwischen Cunter und
Tiefencastel dadurch, dass sie ihren Weg am gegenüberliegenden Hang über Salouf und
Mon bauten. Nach dem Ende des römischen Reichs im Mittelalter war der Septimer
bedeutender als der Julier, die Route über den Septimerpass war sogarim 14. Jahrhundert
die erste befestigte Alpen"straße" nach der Römerzeit. Als dann zwischen 1820 und 1826
die Julierstraße ausgebaut wurde, verlor der Septimer abrupt seine Bedeutung,
ist heute nur noch ein Wanderweg (laut Auskunft eines aufmerksamen Lesers dieser Seiten
ist er jedoch auch mit einem "normalen" Fahrrad (=Trecking-Rad, kein Mountain-Bike)
zu befahren, sobald ich das mal ausprobiert habe, gibt es den Bericht hier an dieser
Stelle. Seit Fertigstellung der Fahrstraße ist der Julier die wichtigste Verbindung
ins Engadin. Trotz der Höhe von 2.284 m führt die Julier-Strasse nirgend durch
lawinengefährdetes Gebiet, so kann der Pass ganzjährig offengehalten werden.Empehlenswerte Lektüre über die römische Verkehrsgeschichte der Bündner Pässe sind die Bände von Armon Planta unter dem Titel "Verkehrswege im alten Rätien". Der Julier wird in Band 2 behandelt (Armon Planta: Verkehrswege im alten Rätien Band 2. Terra Grischuna Verlag, Chur 1986. ISBN 3-908133-22-X). |
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Die Nordseite beginnt in Tiefencastel
(Bild 1) auf 851 m ü. NN – das heißt, eigentlich nicht in
Tiefencastel, sondern um Tiefencastel, seit die Umgehungsstraße fertiggestellt ist.
Das Profil der Nordseite ähnelt einer Treppe, Steigungsstücke wechseln sich mit
flacheren Passagen ab. Die erste Steigungsetappe beginnt gleich in Tiefencastel und
endet in Burvagn (1.180). Von dort über Cunter, den Wintersportort Savognin bis
Tinizong ist es relativ eben. Dieses Teilstück der mitunter recht befahrenen
Julierstrecke lässt sich auf einem kleinen, aber schönen Umweg umgehen, der Preis sind
knappe 3 km mehr zu radeln und gute 100 Höhenmeter mehr zu erklimmen. Tiefencastel
biegt man rechts in Richtung Mon ab, eine kurze Abfahrt, dann geht es in mehreren
Serpentinen z. T. im Wald nach oben, Steigungen bis zu 10 %. Von Mon folgt man dem
Sträßchen in Richtung Del, zunächst im Feld, dann im Wald ansteigend, kurz vor Del
ist der Scheitelpunkt erreicht. Bild 2 zeigt einen Rückblick
über Tiefencastel auf das Aroser Rothorn und den Lenzerheidesattel von dieser
Strecke. Es geht nun bergab bis in den Talboden, dann muss man noch einmal etwa 50
Höhenmeter überwinden, bis man in Cunter wieder auf die normale Julier-Route stößt. Man hat sich u. a.
den unangenehm zu fahrenden Capses-Tunnel erspart.Von Savognin bleibt es dann bis Tinizong flach, dann folgt wieder ein Steilstück bis Rona (1.410 m), anschließend abermals eine Flachstück bis Mulegns (1.486 m). Bild 3 zeigt ein Postauto, dass Mulegns auf dem dort beginnenden Anstieg bis zum Marmorera-Stausee (1.680 m) verlässt. In mehreren Kehren windet sich die Strasse hinauf. Entlang des Sees steigt die Strasse nur schwach, es geht sogar ein Stück bergab. Nun beginnt am Ende des Sees der letzte Anstieg bis zur Passhöhe. Man erreicht die Baumgrenze kurz vor Bivio (1.769 m). Bivio kann eine Besonderheit aufweisen: es ist der einzige dreisprachige Ort Graubündens. Deutsch, italienisch und rätoromanisch spricht man hier, allerdings ist das Deutsche auf dem Vormarsch. Einst war Bivio ein wichtiger Kreuzungspunkt (Bivio - zwei Wege) der Julier- und Septimerroute, heute hat man sich einen bescheidenen Tourismus aufgebaut. Ab Bivio ändert sich die Richtung: Es geht nicht mehr nach Süden, sondern nach Osten (Bild 4 zeigt den Rückblick in Richtung Bivio). Gerade weiter nach Süden führte der oben erwähnte Septimerpass. Heute ist der Julierpass viel bedeutender, was auch der Linienbusverkehr beweist (Bild 5). In ein paar Serpentinengruppen werden Steilstufen überwunden, Bild 6 zeigt den Rückblick aus einer dieser Serpentinengruppen. Dann erreicht man das etwas unterhalb der Passhöhe gelegene Hospiz (Bild 7) und schliesslich, nach einem weiten Bogen am Hang, die Passhöhe. Archäologisch Interessierten ist jedoch noch eine kurze Rast vor der Passhöhe zu empfehlen: Etwas oberhalb der heutigen Straße sind Spuren des Römerwege zu sehen, Karrgleise, die für die römischen Wagen in den Fels geschlagen wurden. Vieles, was von Touristikämtern als "Römerweg" bezeichnet wird, ist viel jüngeren Datums, diese Relikte sind jedoch echt. Die Südseite (eigentlich die Ostseite) des Passes ist viel kürzer als die Nordseite, sie beginnt in Silvaplana im Engadin auf 1.815 m ü.NN, also fast 1.000 m höher als die Nordseite in Tiefencastel. Die komplette Südseite ist vom Skigebiet Corvatsch auf der gegenüberliegenden Seite zu überblicken (Bild 8). Man sieht, es ist Winter und die Straße ist schwarz: Der Julier ist bis auf wenige Tage ganzjährig befahrbar. Wer also unbedingt will, kann sich auch eine Passüberfahrt im Winter antun... Silvaplana erreicht man von St. Moritz in wenigen Kilometern, es geht entlang des ersten Sees der Engadiner Seenplatte (Bild 9). Im Ort beginnt der Anstieg zum Julierpass – und er beginnt richtig, gleich mit der Höchststeigung. Drei Serpentinen, und schon sind die ersten 100 Höhenmeter geschafft. Immer wieder kann man schöne Blicke auf die Seen (Bild 10 der Champfèrer See) und Silvaplana (Bild 11) genießen. Nach den Kehren ist die Baumgrenze erreicht. Weiter nach oben geht es kehrenlos durch das karge Hochtal des Vallun, zu Beginn sollte man sich ab und an umdrehen, um ein letztes Mal den östlichsten Viertausender der Alpen, den Piz Bernina mit dem weißen Bianco-Grat zu sehen. Langsam taucht er hinter der Fuorcla Surlej auf (Bild 12), immer mehr wird sichtbar (Bild 13 und Bild 14), bis er dann hinter dem Hang auf der rechten Seite verschwindet. Bis zur Passhöhe ist es nun nicht mehr weit und auch nicht mehr steil. Oben stehen zwei römische Säulenfragmente, ansonsten ist es nicht sehr einladend, statt eines Hospizes (das steht ein wenig weiter unten in Richtung Bivio) gibt es einen Parkplatz und einen Kiosk-Container (Bild 15). Und natürlich ein Passschild, (Bild 16, Bild 17 und Bild 18). Außerdem wartet eine grandiose Abfahrt auf sehr gut ausgebauter Straße hinab nach Tiefencastel. |
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© der Fotos: Holger Rudolph |
Mit der Bahn erreicht man Tiefencastel vom Bodensee oder von Basel nach Chur, dort
umsteigen in die Rhätische Bahn. Mit dem Auto auf der Autobahn ebenfalls Richtung Chur,
weiter in Richtung San Bernardino, bei Thusis abbiegen in Richtung
Julier/St. Moritz.Silvaplana hat keinen Bahnanschluss. Mit der Bahn kommt man bis St. Moritz, erst nach Chur mit der SBB, ab Chur mit der Rhätischen Bahn. Fahrradtransport ist in der Regel kein Problem. Von St. Moritz geht es weiter mit dem Bus, entweder Postbus oder Engadinbus. Radtransport auf Anfrage möglich (die 4 km bis Silvaplana sind aber auch problemlos mit dem Rad zu fahren...). Mit dem Auto geht es von Chur über Thusis und den Julierpass nach Silvaplana. |
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