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Der Pass
Der Col de l'Iseran ist ein Höhepunkt jeder Radtour in den
französischen Alpen, allein schon deshalb, weil er der höchste Pass der Alpen
überhaupt ist (der Col de la Bonnette ist eigentlich nur ein touristischer Schlenker,
der eigentliche Pass ist der Col de Restefond auf 2.678 m). Abgesehen von solchen
Spitzfindigkeiten ist er einer der Schönsten. Allerdings ist er wegen seiner Höhe
nur im Sommer geöffnet. Im Norden beginnt der Anstieg in Bourg St. Maurice, dem
ersten großen Ort im Tal der Isère. An jener entlang geht es zunächst noch ohne
grössere Steigung in Richtung Süden. Erst kurz vor Ste-Foy-en-Tarantaise beginnt
eine Steigungsstrecke, in mehreren Serpentinen werden bis La Thuile etwa 600
Höhenmeter überwunden. Bild 1 zeigt den Blick zurück von Ste-Foy
auf das flache Stück im Talgrund der Isère und auf Seez und Bourg St. Maurice.
Es folgt ein längeres eher flaches Stück, ehe es nach der Abzweigung nach Les
Brevières (Bild 2) wieder steiler wird, bis die Krone der
Barrage du Tignes erreicht ist. Hier zweigt die Straße nach Tignes ab, in eines
der großen französischen Skigebiete.
Nach der Fahrt entlang des Lac du Chevril durchquert man
noch die Gorges de la Daille, ehe das in eine Talweitung eingepasste Val d'Isère
erreicht wird. Doch zunächst versperrt die Retortensiedlung La Daille mit ihren
Ende der 60er Jahren gebauten 10- und 12stöckigen Betonburgen jegliche Sicht. Val
d'Isère selbst ist ein ziemlich großer Touristenort, Sommer und Winter ist hier viel
los. Allerdings ist die Bebauung nicht ganz so grausam wie La Daille am Ortseingang.
Bild 3 zeigt ein "Luftbild" von Val d'Isère, von der
Passstraße aus. Der Campingplatz liegt auf einer Wiese am Ortsausgang in Richtung
Pass (Bild 4).
Hinter Val d'Isere beginnen die letzten 16 km zur Passhöhe,
der "richtige" Anstieg also. Und jetzt wird es hochalpin. Die Straße steigt
dennoch nicht stärker als 10%, dank ihrer meisterhaft dem Gelände angepassten
Trasse. Zunächst geht es im Tal der ganz jungen Isère ostwärts, ehe die Straße am
Talende die Richtung ändert und nun westwärts am Hang nach oben führt. Nach
mehreren Serpentinen wird dann der Talkessel von Val d'Isère verlassen. Hier lohnt
sich jedoch eine kurze Rast. Am Belvédère du Tarentaise (Bild 5)
steht eine Orientierungstafel, durch deren Hilfe sich das prächtige Bergpanorama
mit Namen füllen lässt. Zudem lässt sich der Verlauf der Nordrampe rückblickend
betrachten (Bild 6) und ein letzter Blick auf Val d'Isère ist
möglich (Bild 7, am Ortsausgang der Campingplatz). Wendet man
nun den Blick nach Süden, so ist schon die Passhöhe zu erkennen
(Bild 8). Weit ist es nicht mehr, nur noch 240 Höhenmeter.
Die Südseite des Col de l'Iseran steigt aus dem Tal der Arc an. Dieses Tal mündet
in das schon sehr breite Isère-Tal. Von dort steigt das Arc-Tal langsam, teilweise in
größeren Stufen an. Berühmte Pässe können aus diesem Tal erreicht werden, aus
St-Jean-du-Maurienne der Col du Glandon, aus St-Michel-de-Maurienne der
Col du Galibier und aus Lanslebourg bzw. Lanslevillard der
Col du Mont-Cenis. Bei Modane beginnt der Fréjus-Tunnel, der seit 1980 eine
ganzjährige Verbindung von Frankreich nach Norditalien ermöglicht, daher ist
das Tal bis Modane stark vom Verkehr geprägt. Als Startort für die Südseite des
Col de l'Iseran ist daher Lanslevillard gewählt, das zwar schon weit im Tal des
Arc liegt, jedoch ist hier der Verkehr nicht mehr so stark, ausserdem ist
Lanslevillard zudem der Startort zu einem weiteren Pass, dem Col du Mont-Cenis.
Gleich hinter Lanslevillard beginnt die Steigung zum Col de la Madeleine
(nicht der berühmte Tour-de-France-Berg), einem unangenehmen "Überaschungspass",
der in nicht in jeder Karte zu erkennen ist. Ca. 200 Höhenmeter geht es dann wieder
Bergab. Im Tal des Arc, das nun den Charakter eines breiten Hochtals annimmt,
steigt die Straße von Bessans bis Bonneval kaum.
In Bonneval-sur-Arc, dem letzten (oder ersten, je nach dem)
Ort im Arc-Tal beginnt dann die Südrampe des Col de l'Iseran. Bonneval ist das
komplette Gegenteil seines Gegenstücks an der Nordrampe des Cols, Val d'Isère.
Noch in den 60er Jahren waren sich beide Orte ähnlich, dann jedoch nahm Val d'Isère
den Weg vieler französischer Alpenorte: Explosionsartiger Ausbau als Wintersportort.
Bonneval hatte in den 50er und 60er Jahren einen Bürgermeister, der andere Ideen
hatte: gemäßigter Tourismus, strenge Bauordnungen, natürliche Materialien wie
Stein und Holz sowie ein bescheidenes Skigebiet mit neun Liften. Das Ergebnis:
im Winter kommen keine Wintersportler, sondern Winterurlauber, im Sommer kann das
Dorf noch einen Eindruck ursprünglicher Bau- und Lebensweise in den Alpen
vermitteln. Bild 9 zeigt eine Impression aus Bonneval,
Bild 10 den Ort von oben, von der Passstraße aus gesehen.
Hinter Bonneval beginnt die Südrampe des Passes, wie die
Nordtrasse hervorragend in die Topographie eingepasst, Maximalsteigung 11%.
Zunächst geht es am Hang über dem jungen Arc-Tal mit einer Kehre nach oben.
Dabei kann man noch einmal den Blick auf Bonneval und die vergletscherten 3.000er
am Ende des Tals geniessen (Bild 11). Anschließend verläuft
die Straße im Hochtal des Lenta-Baches durch hochalpine Landschaft, zu sehen
auf Bild 12 und Bild 13. In mehreren
Kehren wird eine weitere Talstufe überwunden, dann geht es die letzten 200
Höhenmeter bergauf. Kurz vor der Passhöhe kann man einen, bei klarer Sicht,
weitreichenden Rückblick in den Süden wagen (Bild 14) und auf
der Passhöhe dann das obligatorische Passfoto schießen, an einem sehr schönen
Passschild (Bild 15).
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